OGH 20.2.2003, 6Ob170/02x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten
Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des
Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr.
Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei
Ing. Alexander G*****, vertreten durch Dr. Erich Schwarz,
Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, 1121
Wien, Breitenfurter Straße 43-45, vertreten durch Dr. Marcella
Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 128.056,84 EUR,
über den Revisionsrekurs (richtig: Rekurs) der klagenden Partei gegen
den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom
12. März 2002, GZ 3 R 131/01h-16, mit dem das Urteil des
Handelsgerichtes Wien vom 12. April 2001, GZ 19 Cg 62/00i-10,
aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der Beschluss des Berufungsgerichtes wird im Umfang der Aufhebung
eines Zuspruches von 53.856 EUR aufgehoben und insoweit in der Sache
mit Teilurteil wie folgt erkannt:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 53.856 EUR
samt 5 % Zinsen seit 1. 3. 2000 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten wird dem Endurteil
vorbehalten."
Im Übrigen - hinsichtlich der Aufhebung des restlichen stattgebenden
sowie des abweisenden Teiles des Ersturteils - wird der angefochtene
Beschluss bestätigt.
Die Kosten des Berufungs- und Rekursverfahrens sind weitere
Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 1. 6. 1996 bis 31. 12. 1999 als selbständiger
Handelsvertreter für die Beklagte tätig. Der Vertrag wurde jährlich
neu abgeschlossen. Bis Ende 1998 erhielt der Kläger eine Provision
von 7 % des Fakturenumsatzes vor Skonto zuzüglich 20 % Umsatzsteuer.
Für das Jahr 1999 war bis zu einem Fakturenumsatz vor Skonto von 24
Mio S eine Provision von 5 % vereinbart. Der Vertrag wurde infolge
von Rationalisierungsmaßnahmen der Beklagten nicht erneuert.
Der Kläger betreute sogenannte Kleinkunden, nämlich
Elektrodetailhändler, deren Jahresumsatz mit der Beklagten bis
350.000 S reichte. Örtlich erstreckte sich sein Gebiet auf das
Tiroler Unterland, Kufstein, die Steiermark, Salzburg sowie auf Teile
von Ober- und Niederösterreich und des Burgenlands. Diese Händler
führten üblicherweise nur zwei Marken von Elektrogeräten. In
Österreich existieren ca 3.000 derartige Elektrohändler. Hievon
führen etwa 1.300 Geräte der Beklagten. Voraussetzung hiefür
ist der
Abschluss eines Vertriebsvertrages mit der Beklagten, der diese
Händler zur Bezeichnung als "G*****-Fachhändler" berechtigt.
Die
Verträge sind monatlich kündbar. Sie verpflichten nicht zu einer
Abnahme. Hauptkonkurrenten der Beklagten sind die Marken Sony und
Philips. Sony betreut die Kunden telefonisch; Philips bedient sich
eines Großhändlers. Die Preisgestaltung der Beklagten ist allen
Händlern gegenüber einheitlich. Viele Händler sind Mitglieder
von
Einkaufsgenossenschaften, mit denen die Beklagte regelmäßig
Werbeaktionen wie Flugblätter, Messeangebote und Haushaltssendungen
abspricht und Rahmenbedingungen für die Belieferung vereinbart. Die
Beklagte erzeugt hauptsächlich Unterhaltungselektronik. Neue
Produktbereiche, die für Kleinhändler in Betracht kämen, wurden
von
ihr in den letzten Jahren nicht vermarktet.
Die Beklagte beschäftigte auch Gebietsvertreter, die bis 1994 die
Kleinhändler mitbetreuten. Seither wurden diese Händler von einem
Großhändler betreut. Während dieser Zeit entwickelte sich die
Absatzlage ungünstig. Über den Großhändler wurde der Konkurs
eröffnet. Vor Bestellung des Klägers zum Handelsvertreter wurden
diese Kunden überhaupt nicht mehr betreut. Im Jahr vor Beginn der
Tätigkeit des Klägers betrug der Umsatz der Beklagten mit diesen
Kunden ca 13 Mio S. Dem Kläger wurden ca 180 Kunden, die Bestellungen
bei der Beklagten getätigt und einen aufrechten Vertriebsvertrag
hatten, zur Bearbeitung übergeben. Der Beklagte besuchte die Kunden
regelmäßig. Die Kleinhändler unterliegen einer sehr geringen
Fluktuation und sind markentreu. Voraussetzung hiefür ist aber eine
regelmäßige Betreuung. Die Kunden gaben ihre Bestellungen entweder
beim Kläger oder auch unmittelbar beim Innendienst der Beklagten ab.
Die Beklagte investiert in die Produkt- und Markenwerbung rund
945.000 bis 2,035.000 EUR (13 bis 28 Mio S) jährlich. Ihr
Gesamtumsatz in Österreich beträgt ca 51 bis 58 Mio EUR (700 bis 800
Mio S) im Jahr.
Die Kürzung der Provision des Klägers im Jahr 1999 ist auf
wirtschaftliche Gründe der Beklagten zurückzuführen. Diese Reduktion
veranlasste den Kläger, auch andere Produkte, nämlich
Telefonwertkarten, Türöffnungssysteme, Batterien und Akkumulatoren
mitzuvertreiben. Aus dieser Tätigkeit resultierten im Jahr 1999
jedoch nur geringe Einkünfte. Sie wirkte sich auch nicht nennenswert
auf die Betreuung der Kunden der Beklagten aus. Der vom Kläger
erzielte Umsatz veränderte sich in den Jahren 1998 und 1999 nicht
erheblich. Er betrug unter Berücksichtigung auch der 1999 erfolgten
Bestellungen, aufgrund derer die Waren in diesem Jahr noch nicht
ausgeliefert worden waren, etwa 23 Mio S. Die Gründe für die
mangelnde Umsatzsteigerung lagen in dem im Elektrohandel in Gang
gesetzten Konzentrationsprozess, bei dem kleine Händler vor allem im
städtischen Bereich zurückgedrängt wurden, im Preisverfall bei
Elektrogeräten und auch darin, dass die Beklagte 1999 Schwierigkeiten
bei der Auslieferung hatte, wodurch Kunden veranlasst wurden, mit
zusätzlichen Bestellungen zuzuwarten. Nach Beendigung des
Vertragsverhältnisses mit dem Kläger übergab die Beklagte die
Betreuung der Kleinhändler den Gebietsvertretern. Die Betreuung
erfolgt nun hauptsächlich telefonisch. Die durchschnittliche
Jahresprovision des Klägers während der Vertragszeit betrug
128.056,84 EUR (1,762.100,60 S).
Der Kläger begehrt von der Beklagten gemäß § 24 HVertrG
1993 die
Zahlung eines Ausgleichs in dieser Höhe. Er habe der Beklagten einen
wesentlichen Anteil an Neukunden zugeführt und die Bestellung von
Altkunden wesentlich gesteigert. In dem für die Berechnung des
Rohausgleiches heranzuziehenden letzten Vertragsjahr habe der Kläger
für Neukundenumsätze Provisionen von 299.750 S erzielt. Die Umsätze
mit jenen Altkunden, bei denen eine deutliche Umsatzsteigerung
eingetreten sei, hätten 10,933.934 S ergeben, woraus sich eine
Provision von 546.652 S ergebe. Damit errechne sich ein
Rohausgleichsbetrag von 846.402 S zuzüglich 20 % Umsatzsteuer, somit
von 1,015.662 S. Es sei mit einer Abwanderungsquote von 5 % pro Jahr
ab Beendigung des Vertragsverhältnisses zu rechnen. Unter
Berücksichtigung von vier Folgejahren und einer 5 %igen Abzinsung
ergebe sich ein Rohausgleich von 3,309.580,90 S. Selbst bei
Berücksichtigung nur jener intensivierten Altkunden, bei denen die
Umsätze um mehr als 100 % erhöht worden seien, errechne sich auf
diese Weise ein Gesamtbetrag von 2,404.063 S. Auch das liege weit
über dem Durchschnitt der vom Kläger erzielten Provisionen von
1,762.100,60 S. Dieser Ausgleichsanspruch stehe dem Kläger gemäß
§ 24
Abs 4 HVertrG 1993 zu.
Die Beklagte anerkannte das Begehren dem Grunde nach, bestritt es
aber der Höhe nach. Sie habe bereits eine angemessene
Ausgleichszahlung von 139.200 S geleistet, die jedoch der Kläger als
unzulässige Teilzahlung nicht angenommen habe. Die Berechnung des
Klägers sei nicht nachvollziehbar. Bei Altkunden bestehe ein
Ausgleichsanspruch nur bei (hier nicht vorliegender) qualitativer
Erweiterung der Geschäftsbeziehungen, nicht aber bei bloßer
Umsatzausweitung. Die in den vorgelegten Listen des Klägers
aufscheinenden Kunden Ing. Mag. Klaus H*****, TV R***** GmbH, S*****,
K***** GmbH, Josef B*****, N***** und M***** OEG und Franz S*****
seien keine Neu-, sondern Altkunden. Bei den Kunden Josef B*****,
Georg E*****, Marktgemeinde N***** und Ing. Siegmund R***** sei,
selbst wenn man von einer Ausgleichszahlung auch bei quantitativer
Umsatzsteigerung ausginge - keine 100 %ige Umsatzsteigerung erreicht
worden. Der Rohausgleich errechne sich bei Zugrundelegung der Angaben
des Klägers für Neukunden nur mit 239.964,60 S und, wenn überhaupt,
für Altkunden mit 478.062,15 S. Der fortdauernde Nutzen aus der vom
Kläger aufgebauten Geschäftsbeziehung sei infolge der Fluktuation
und
der Umsatzrückgänge nach Ausscheiden des Klägers wesentlich stärker
abzuwerten. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2000 sei der
Umsatz mit Neukunden um 20,84 % und jener mit Altkunden um 17,27 %
zurückgegangen. Der Anspruch des Klägers sei auch deshalb zu kürzen,
weil ihm die Verkaufsorganisation der Beklagten zur Verfügung
gestanden sei, die Marke der Beklagten aufgrund ihres erheblichen
Werbeaufwandes bekannt gewesen sei und die Marke einen sehr guten Ruf
genieße. Auch der nunmehrige Entfall der Spesen des Klägers sei
anspruchsmindernd. Der Kundenstock des Klägers sei von den
Gebietsvertretern mitbetreut worden, die Steigerung des Umsatzes
daher auch auf diese zurückzuführen.
Das Erstgericht erkannte dem Kläger 1 Mio S (= 72.672,83 EUR) zu und
wies das Mehrbegehren von 762.100,60 S (= 55.384,01 EUR) ab. Es traf
noch folgende Feststellungen:
Die Bearbeitung der "Kleinkunden" war ausschließlich dem Kläger
überlassen. Die betreffenden Gebietshändler erhielten zwar auch
Provisionen von den vom Kläger abgeschlossenen Geschäften. Sie
beteiligten sich aber an der Kundenbetreuung nicht.
Der Kläger gewann während der Vertragszeit 39 Neukunden, die
Belieferungsverträge schlossen. 12 dieser Kunden tätigten aber keine
Bestellungen. Bei den Kunden N***** und M*****, Radio S***** und Kurt
W***** GmbH handle es sich um Altkunden, die bloß weitere Filialen
eröffneten. Mit der R***** GmbH habe ebenfalls bereits ein Vertrag
seit 1993 bestanden. Diese Gesellschaft habe von Anfang 1995 bis
September 1998 keine Bestellungen getätigt. Die Kunden H***** und
S***** haben die Unternehmen von Vorgängern, die mit der Beklagten in
einem Vertragsverhältnis gestanden und schon vor 1995 beliefert
wurden, übernommen und eigene Verträge geschlossen. Der Gesamtumsatz
der Neukunden ohne die soeben erörterten Kunden betrug während der
Vertragszeit des Klägers 11,138.528 S. Darin sind auch Waren um
171.651 S enthalten, die erst 2000 ausgeliefert wurden. 1999 hatten
mit der Beklagten über 200 Kunden laufende Verträge. Hievon haben
184
Kunden Bestellungen aufgegeben. 66 Kunden haben im Jahr vor dem
Tätigwerden des Klägers keine Bestellungen aufgegeben. 49 Kunden,
die
1994 und 1995 nichts bestellt hatten, tätigten 1999 Bestellungen über
insgesamt 5,820.051,74 S und um 208.949 S, wobei letztere
Bestellungen erst im Jahr 2000 ausgeliefert wurden. Bei 24 Kunden
erzielte der Kläger 1999 mehr als den doppelten Umsatz wie 1995. Die
diesbezügliche Umsatzerhöhung betrug gegenüber 1995 ca 5 Mio
S. Bei
13 Kunden erhöhte sich der Umfang um mehr als das Vierfache. Von
einem geringen auf einen sehr großen Umfang steigerte sich der Umsatz
bei drei Kunden. Bei weiteren 14 Kunden trat eine nicht so
gravierende Steigerung ein. Bei 30 Kunden war der Umsatz während der
Vertragsdauer des Klägers gegenüber 1995 stark rückläufig,
bei zehn
Kunden entwickelte sich der Umsatz gegen null. Es kann nicht
festgestellt werden, dass der vom Kläger gewonnene Kundenstock durch
die Umstellung des Betriebssystems der Beklagten messbar zurückging.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, dass als Neukunden auch
jene zu werten seien, die 1994 und 1995 wegen mangelnder Betreuung
bei der Beklagten nicht bestellt hätten und vom Kläger wieder
zurückgewonnen worden seien. Bei der zu berücksichtigenden
Erweiterung bereits bestehender Geschäftsbeziehungen komme nicht bloß
eine qualitative, sondern auch eine quantitative Umsatzsteigerung in
Betracht. Doch seien als intensivierte Altkunden nur jene
einzubeziehen, bei denen durch die Tätigkeit des Klägers eine
kontinuierliche Steigerung von einem sehr geringen Umsatz auf ein
Vielfaches des Umsatzes errechnet werden könne, weil, wie sich aus
den starken Schwankungen der Kontenbewegungen aufgrund der
vorgelegten Liste zeige, die Kundenintensivierung nicht unbedingt von
Dauer sein müsse. Aus den Kundenumsätzen mit Neukunden (das seien
insgesamt 49 Kunden, die 1994 und 1995 nichts bestellt hätten) ergebe
sich eine Bemessungsgrundlage von 6,029.000 S, aus jenen mit stark
intensivierten Kunden eine solche von 1,800.000 S. 5 % der Summe
ergebe 391.450 S. Als Beobachtungszeitraum für eine künftige
Entwicklung seien vier Jahre angemessen. Von diesem Zeitraum seien
die Parteien selbst ausgegangen. Nach dem während der Vertragsdauer
festgestellten Abwanderungen, die etwa 20 % der Gesamtkunden
betroffen hätten (bei 10 Kunden Rückgang gegen null, bei weiteren
30
Rückgang auf weniger als 50 % der Anfangsbestellmenge) erscheine eine
Abwanderungsquote von 15 % angemessen. Bei der Abzinsung von 5 %
ergebe sich folgende Berechnung:
S 391.450,00;
391.450 - 15 % : 1,05 = S 316.888,10;
316.888,10 - 15 % : 1,05 : 1,05 = S 244.312,82;
244.312,82 - 15 % : 1,05 : 1,05 : 1,05 = S 179.389,61
S 1,132.040,58.
Im Zuge der Billigkeitserwägungen seien noch der - allerdings im
Hinblick auf die weiters vom Kläger übernommene Vertretung
geringfügige - Wegfall der Reisekosten und die Investitionen der
Beklagten für Werbung und Markenpflege sowie die dadurch ausgelöste
Zugkraft der Marke zu berücksichtigen. Insgesamt erscheine die
Festsetzung eines Bruttoausgleichsbetrages gemäß § 273 Abs 1
ZPO mit
1 Mio S angemessen.
Dieses Urteil bekämpften beide Parteien jeweils in dem für sie
nachteiligen Teil mit Berufung.
Das Berufungsgericht gab beiden Berufungen Folge, hob das Ersturteil
zur Gänze auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung
nach Verfahrensergänzung auf. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof
erklärte es für zulässig. Bis zum Inkrafttreten des HVertrG 1993
sei
der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach Auflösung des
Vertragsverhältnisses mit dem Geschäftsherrn in § 25 HVG geregelt
gewesen. Aus der geänderten Fassung des § 24 Abs 1 HVertrG 1993,
wonach der Ausgleichsanspruch auch für jene Kunden zustehe,
hinsichtlich derer bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich
erweitert worden seien, ergebe sich, dass nunmehr auch - entgegen der
Rechtsprechung zum ehemaligen § 25 HVG - eine bloß quantitative
Umsatzsteigerung genüge. Für die im Gesetz geforderte wesentliche
Erweiterung sei insoweit eine starre (fixe) Grenze von 100 %
anzunehmen, weil der Ausgleichsanspruch der Höhe nach vorhersehbar
sein solle. Für die Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs seien
daher die Umsätze der Neukunden (im letzten Geschäftsjahr) zuzüglich
der Umsätze jener Altkunden heranzuziehen, bei denen der
Handelsvertreter eine Umsatzsteigerung von 100 % oder mehr erreicht
habe. Die im letzten Geschäftsjahr getätigten Umsätze der
intensivierten Altkunden seien jedoch um jene Umsätze zu kürzen, die
diese Kunden im Jahr vor ihrer Betreuung durch den Handelsvertreter
getätigt hätten. Ansonsten würden Umsätze im Ausgleichsanspruch
berücksichtigt werden, für die der Handelsvertreter überhaupt
keine
Leistung erbracht habe. Der Ausgleichsanspruch sei daher im
vorliegenden Fall wie folgt zu berechnen: Ausgangspunkt sei die Summe
der Umsätze der Neukunden im Geschäftsjahr 1999 zuzüglich der
Umsätze
all jener intensivierten Altkunden im Jahr 1999, die mindestens
doppelt so hoch wie jener im Jahr 1995 gewesen seien. Die Umsätze
dieser Kunden aus dem Jahr 1995 seien hiebei von den Umsätzen 1999
abzuziehen. Umsätze, die wegen verspäteter Auslieferung von Waren
erst im Jahr 2000 entstanden seien, seien entgegen der Rechtsansicht
des Erstgerichtes nicht zu berücksichtigen, weil zweifellos in den
Umsätzen des Jahres 1999 auch Umsätze enthalten seien, bei welchen
der Vertrag bereits vor Jahresende 1998 abgeschlossen worden sei,
hinsichtlich derer die Lieferung oder Fakturierung aber erst 1999
erfolgt sei. Das auf diese Weise ermittelte Provisionsaufkommen mit
Neukunden und intensivierten Altkunden sei um die jährliche
Abwanderungsquote solange zu vermindern, bis sich der Kundenstock
aufgelöst habe. Maßgebend sei die auf die Neukunden und
intensivierten Altkunden bezogene Umsatzminderung in den Folgejahren.
Dabei sei die Provision in voller Höhe nicht noch einmal
hinzuzurechnen, weil der Kläger diese ohnehin bereits 1999 erhalten
habe. Die Zeitspanne, bis sich der Kundenstock aufgelöst habe, könne
durchaus mehr als vier Jahre betragen. Die danach ermittelten Quoten
seien um den hier unstrittigen Abzinsungsfaktor von 5 % abzuzinsen.
Der so ermittelte Rohausgleich sei nach Billigkeitserwägungen zu
kürzen. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei eine Kürzung von 40
%
wegen der Sogwirkung der Marke nicht berechtigt. Hingegen liege der
vom Erstgericht vorgenommene Abschlag von rund 11 % im Rahmen
pflichtgebundenen Ermessens. Der ermittelte Ausgleichsanspruch sei
dem gemäß § 24 Abs 4 HVertrG 1993 ermittelten höchstmöglichen
Ausgleichsanspruch gegenüber zu stellen und allenfalls auf diesen zu
kürzen. Dabei sei auch noch die Frage der Umsatzsteuer zu beachten.
Bis 1998 sei ausdrücklich vereinbart gewesen, dass dem Kläger die
Umsatzsteuer gebühre. Sein Vertrag für das Jahr 1999 sehe dies nicht
mehr vor. Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von
Umsatzsteuer an den Kläger sei im Verfahren zwar nicht substantiiert
bestritten worden, werde aber im fortgesetzten Verfahren zu erörtern
sein.
Die teils pauschalen Feststellungen des Erstgerichtes reichten für
die rechtliche Beurteilung des Ausgleichsanspruchs des Klägers nicht
aus. Es sei nicht nachvollziehbar, welche 49 Kunden den
festgestellten Umsatz im Jahr 1999 getätigt hätten, wobei das
Berufungsgericht allerdings an die Feststellungen des Umsatzes dieser
49 Kunden mit jedenfalls 5,727.287,27 S gebunden sei, weil die
Beklagte die entsprechende Feststellung des Erstgerichtes (Umsatz von
5,820.051,74 S im Jahr 1999) nur im darüber hinausgehenden Ausmaß
bekämpft habe. Vom Kläger werde eine Aufstellung über die von
ihm
erworbenen Neukunden und die intensivierten Altkunden, deren Umsatz
im Jahr 1999 doppelt so hoch wie jener im Jahr 1995 gewesen sei, zu
erstellen sein. Die auf die intensivierten Altkunden entfallenden
Umsätze des Jahres 1995 seien von den Umsätzen im Jahr 1999
abzuziehen. Es seien auch die nachfolgenden Umsätze im Jahr 2000 und
eventuell 2001 auszuwerfen, woraus die Abwanderungsquote berechnet
werden könne. Für die Frage, ob die Umsätze mit Altkunden um
100 %
gestiegen seien, sei nicht das Jahr 1994, sondern nur das Jahr 1995
heranzuziehen, weil davon auszugehen sei, dass die Umsatzsteigerung
zumindest mitursächlich auf die Tätigkeit des Klägers hinsichtlich
aller Kunden, die 1995 entsprechend wenig bestellt hätten,
zurückzuführen sei. Der Rekurs sei zulässig, weil die hier
anstehenden Berechnungsfragen noch nicht Gegenstand einer
Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gewesen seien.
Diese Entscheidung bekämpft (nur) der Kläger mit Rekurs und
beantragt, in der Sache selbst eine Entscheidung im Sinn einer
gänzlichen Klagsstattgebung zu fällen, hilfsweise den angefochtenen
Beschluss aufzuheben. Die Beklagte hat keine Rekursbeantwortung
erstattet.
Rechtssatz
Der Rekurs ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen
zulässig. Er ist teilweise auch berechtigt.
Gemäß § 24 Abs 1 HVertrG 1993 gebührt dem Handelsvertreter
nach
Beendigung des Vertragsverhältnisses ein angemessener
Ausgleichsanspruch, wenn und soweit 1. er dem Unternehmer neue Kunden
zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich
erweitert hat, 2. zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen
Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach
Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann,
und 3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller
Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit
den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit
entspricht. Gemäß § 24 Abs 4 HVertrG 1993 beträgt der
Ausgleichsanspruch mangels einer für den Handelsvertreter günstigeren
Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt
der letzten fünf Jahre errechnet wird. Hat das Vertragsverhältnis
weniger als fünf Jahre gedauert, so ist der Durchschnitt der gesamten
Vertragsdauer maßgeblich.
Das HVertrG 1993 diente der Umsetzung der EG-Richtlinie des Rates vom
18. 12. 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter, ABl Nr
L 382/17. Der österreichische Gesetzgeber hat dabei von der in Art 17
und 18 der Richtlinie eingeräumten Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht
und sich für die deutsche Regelung des Ausgleichsanspruchs nach §
89b
dHGB entschieden. § 24 Abs 1 Z 1 bis 3 HVertrG 1993 weicht im
Wesentlichen nur insoweit von der deutschen Regelung ab, als der
Eintritt von Provisionsverlusten des Handelsvertreters - anders als
in § 89b Abs 1 dHGB - nicht als eigenständige Anspruchsvoraussetzung,
sondern im Rahmen der Billigkeitserwägungen zu berücksichtigen ist.
Bei Bemessung des Ausgleichs ist dieser Unterschied jedoch nicht
entscheidend, weil die Billigkeitsüberlegungen nach § 24 Abs 1 Z 3
ohnehin von der Frage beherrscht werden, ob dem Handelsvertreter
Provisionen entgehen. Der Anspruch des Handelsvertreters ist in einem
zweistufigen Verfahren zu bemessen: Anhand der in § 24 Abs 1 Z 1 bis
3 angeführten Kriterien ist zunächst ein der Billigkeit
entsprechender "Rohausgleich" zu ermitteln. Dieser ist zum
höchstzulässigen Ausgleich nach Abs 4 in Bezug zu setzen. Liegt der
Rohausgleich über der Höchstgrenze, ist der Ausgleichsanspruch auf
diese zu reduzieren. Ist er hingegen geringer, spielt die
Höchstgrenze keine Rolle. Der Handelsvertreter hat dann Anspruch auf
den Ausgleich in Höhe des errechneten Rohausgleichs (6 Ob 260/00d =
RdW 2001, 279/309 unter Hinweis auf RV 578 BlgNR 18. GP und mwN aus
dem Schrifttum).
Nach dieser Berechnungsmethode sind im vorliegenden Fall beide
Parteien vorgegangen. In einer Reihe von Detailfragen bestehen aber
Auffassungsunterschiede sowohl der Parteien als auch der
Vorinstanzen.
Die Beklagte bekämpfte in ihrer Berufung das Ersturteil in folgenden
Punkten:
Es sei unrichtig, dass die Gebietsvertreter keine Leistungen für die
Kunden erbracht hätten. Diese hätten den Kläger vielmehr im Fall
seiner Verhinderung vertreten. Der zu berücksichtigende Umsatz mit
Neukunden habe 1999 nur 5,727.287,27 S (anstatt, wie vom Erstgericht
festgestellt, 5,820.051,74 S) betragen. Noch nicht ausgelieferte
Bestellungen aus 1999 (nach den Feststellungen des Erstgerichtes:
208.949 S) seien nicht hinzuzurechnen, weil im Umsatz 1999 auch
Bestellungen aus 1998 enthalten seien. Es fehlten Feststellungen
darüber, wie sich der Umsatz der Beklagten mit den dem Kläger
übergebenen Kunden (Altkunden) entwickelt habe. Die Beklagte habe mit
diesen Kunden im Jahr 1994 einen Umsatz von rund 18 Mio S erzielt,
1995 lediglich wegen der Großinsolvenz des damaligen
Handelsvertreters nur 13,55 Mio S. Bezogen auf das Jahr 1994 ergebe
sich, dass die Umsatzsteigerung keineswegs so groß gewesen sei wie
vom Kläger behauptet. Es fehlten Feststellungen darüber, dass sich
die Umsätze der Beklagten mit den vom Kläger betreuten Kunden in den
ersten drei Quartalen des Jahres 2000 durchschnittlich um 16,5 %
vermindert hätten, wobei der Verlust bei den vom Kläger angeführten
intensivierten Altkunden 17,5 % und bei den vom Kläger neu geworbenen
Kunden 20,8 % betragen habe. Die vom Kläger mit den Kunden B***** &
Co, N***** und M***** OEG und M***** erzielten Umsatzsteigerungen
seien nicht in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des
Ausgleichsanspruches einzubeziehen, weil es sich bei allen drei
Kunden um Altkunden gehandelt habe. Wenn es auch richtig sei, dass
der Kläger die Bestellungen dieser Kunden wesentlich gesteigert habe,
seien die betreffenden Umsätze auszuscheiden, weil alle drei Kunden
lediglich Produkte, die sie schon bisher bezogen hätten, vermehrt
nachgefragt hätten. Eine bloß quantitative Intensivierung einer
Altkundenbeziehung sei aber bereits mit den laufenden Provisionen
abgegolten. Es sei daher von einer Bemessungsgrundlage von
5,727.287,27 S auszugehen. Der Rohausgleichsbetrag sei wie folgt zu
errechnen: erstes Jahr = 286.364,36 S (5 % von 5,727.287,27 S),
zweites Jahr 231.818,77 S, drittes Jahr 187.726,49 S und viertes Jahr
131.232,06 S, woraus sich die Zwischensumme von 837.141,68 S ergebe.
Hievon sei aufgrund des großen Bekanntheitsgrads der Marke und des
Umstandes, dass eine Umsatzsteigerung auf das 1994 erreichte Niveau
nur zu einem geringen Teil dem Kläger zuzuschreiben sei, ein
Billigkeitsabschlag von mindestens 40 % angemessen.
Daraus ergibt sich zunächst, dass von der Beklagten die Feststellung
des Erstgerichtes unbekämpft blieb, wonach der Umsatz bei drei
Kunden, die 1994 und 1995 bereits Bestellungen getätigt hatten
(B***** & Co, N***** & M***** OEG, M*****) von einem geringen auf
einen sehr hohen Umsatz (worunter das Erstgericht, wie sich aus
seinen damit zusammenhängenden Feststellungen ergibt, zumindest eine
mehr als doppelte Umsatzsteigerung verstand) gestiegen ist.
Hinsichtlich dieser Kunden betrug der Umsatz 1999 1,8 Mio S. Weiters
ist nunmehr ein in die Bemessungsgrundlage für den Rohausgleich
einzubeziehender Umsatz mit Neukunden von zumindest 5,727.287,27 S
unstrittig. Die von der Beklagten behauptete Tatsache, dass auch die
Gebietsvertreter die Kleinkunden betreut hätten, und zwar im Fall
einer Verhinderung des Klägers, ist nicht von ausschlaggebender
Bedeutung. Einerseits genügt Mitursächlichkeit des Handelsvertreters
für den ersten Geschäftsabschluss oder die wesentliche
Geschäftserweiterung (8 ObA 290/01g = RdW 2003, 107/86);
gleichzeitige oder zusätzliche Bemühungen des Unternehmers oder
seiner Mitarbeiter schaden nicht (Nocker, Ausgleichsanspruch des
Handelsvertreters, Vertragshändlers und Franchisenehmers [2001] Rz
292 mwN). Andererseits fällt die behauptete Mitwirkung der
Gebietsvertreter bloß bei Verhinderung des Klägers auch nicht derart
ins Gewicht, dass sie im Rahmen der Billigkeitserwägungen
berücksichtigt werden müsste.
In der Folge ist auf die in der Berufung der Beklagten aufgeworfenen
Rechtsfragen einzugehen.
1. Zur Frage, ob bei Altkunden auch eine bloß quantitative
Umsatzsteigerung genügt:
Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist diese Frage zu
bejahen. Nach § 25 HVG war die Zuführung von Kunden Voraussetzung
eines Ausgleichsanspruchs. Es war erforderlich, dass der
Handelsvertreter damit "ausschließlich oder vorwiegend" beschäftigt
war. Im Gegensatz zur deutschen Regelung fehlte die Bestimmung, dass
auch eine Umsatzsteigerung wegen ihres Ausmaßes der Werbung eines
neuen Kunden wirtschaftlich gleichzustellen sei. Daraus folgerte die
österreichische Rechtsprechung zu § 25 HVG, dass die Erhöhung
des
Umsatzes allein nicht genüge, um von einer "Kundenzuführung"
sprechen
zu können. Eine solche sei vielmehr nur anzunehmen, wenn durch die
Tätigkeit des Handelsvertreters Kunden gewonnen würden, mit denen
bisher keine Geschäftsverbindung zum Geschäftsherrn bestanden habe
oder deren Geschäftsverbindung abgebrochen sei oder wenn und soweit
eine Geschäftsbeziehung dadurch ausgeweitet werde, dass der Altkunde
andere als bisher vom Unternehmer bezogene Waren, welche dieser aber
schon bisher angeboten habe, nun von ihm beziehe. Es sei also nicht
das Ausmaß der Umsatzsteigerung, sondern die Ausdehnung des
Geschäftes auf Waren außerhalb des bisher bestellten Sortiments oder
eine sonstige nicht bloß quantitative Vertiefung der
Geschäftsbeziehung für die Beurteilung maßgebend, ob und in
welchem
Umfang ein Kunde als neu erworben anzusehen sei (SZ 44/96 = ZAS
1972/10). Der Wortlaut des § 24 HVertrG 1993 vermag ein Fortschreiben
dieser Rechtsprechung aber nicht zu rechtfertigen. Die deutsche
Rechtsprechung und Lehre zu § 89 dHVG, der der Regelung des § 24
HVertrG 1993 als Vorbild diente, gehen einhellig davon aus, dass die
wesentliche Erweiterung der Geschäftsbeziehung mit alten Kunden
sowohl in einer qualitativen wie auch in einer quantitativen
Umsatzsteigerung liegen kann, die jedenfalls dann auch als wesentlich
angesehen wird, wenn sich der Umsatz ungefähr verdoppelt hat
(Schlegelberger HGB5 § 89b Rn 5a; Brüggemann in Staub, Großkommentar
HGB § 89b Rn 36; v. Hoyningen-Huene im Münchener Kommentar HGB §
89b
Rn 64, 65; Küstner/Manteuffel/Evers, Der Ausgleichsanspruch des
Handelsvertreters6, Rn 397; Hopt, Handelsvertreterrecht² § 89b Rn
13;
Westphal, Neues Handelsvertreterrecht [1991] 149;
Ebenroth/Boujong/Joost, HGB § 89b Rn 81 je mit Judikaturnachweisen).
Dieser Ansicht ist auch das österreichische Schrifttum gefolgt
(Tschuk, Der Ausgleichsanspruch bei Beendigung des
Handelsvertreterverhältnisses [1994] 37; Viehböck, Der
Ausgleichsanspruch nach dem neuen Handelsvertretergesetz, ecolex
1993, 221 [224]). Sie wird jetzt auch von Nocker (Ausgleichsanspruch
des Handelsvertreters, Vertragshändlers und Franchisenehmers [2001]
81 Rz 310 ff) geteilt, der früher gemeint hatte, dass das
Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Erweiterung bereits bestehender
Geschäftsverbindungen mit Altkunden auch weiterhin eine rein
quantitative Umsatzausweitung nicht erfasse (Nocker,
Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters für die "wesentliche
Erweiterung bereits bestehender Geschäftsverbindungen", ecolex 1998,
194 [196 f]).
Selbst nach den Berufungsausführungen der Beklagten ist daher von
einer Bemessungsgrundlage von zumindest 5,727.287,27 S plus 1,800.000
S = 7.527.287,27 S bei Berechnung des Rohausgleiches auszugehen. 5 %
hievon ergeben einen Provisionsanspruch netto (ohne Umsatzsteuer) von
376.364,36 S für das Basisjahr 1999.
2. Zur Frage der "Überhangprovisionen":
Unstrittig ist, dass der Kläger im Jahr 2000 Provisionen für
Geschäfte bezogen hat, die noch während des aufrechten Bestandes des
Handelsvertreterverhältnisses abgeschlossen, aber erst nach dessen
Ende ausgeführt worden sind. Da die Anwartschaft auf Provision
bereits mit der Rechtswirksamkeit des Geschäftes begründet wird,
steht dem Handelsvertreter auch für diese Geschäfte Provision zu.
Der
Unternehmer kann daher nicht durch Hinauszögern der Ausführung des
bereits abgeschlossenen Geschäftes das Entstehen des
Provisionsanspruches verhindern. Durch die Beendigung des
Handelsvertretervertrages kann daher, wenn der Anspruch auf die
Überhangprovision nicht vertraglich ausgeschlossen wurde (§ 8 Abs
2
HVertrG), aus solchen Geschäften kein Provisionsverlust und damit
auch kein Ausgleichsanspruch entstehen. Die Überhangprovisionen aus
Geschäften mit neu zugeführten Stammkunden bzw intensivierten
Altkunden müssen jedoch in die Berechnungsgrundlage des Rohausgleichs
einfließen (Nocker, Ausgleichsanspruch [2001] Rz 367-369). Hiebei ist
entscheidend, dass in Lehre und Rechtsprechung als Basis für die
Berechnung des Rohausgleichs auch deshalb auf das letzte Vertragsjahr
- sofern dies aussagekräftig ist - zurückgegriffen wird, weil dieser
Zeitraum Auskunft über den bestehenden Geschäftserfolg gibt und die
Grundlage für die Prognose der künftigen Geschäftsentwicklung
mit dem
vom Handelsvertreter geschaffenen Kundenstamm darstellt. Der
Geschäftsumfang und nicht die Provisionseinnahmen ist die maßgebende
Grundlage für die zu erwartenden Vorteile des Unternehmers. Es kommt
daher in erster Linie nicht auf den Provisionsumsatz, sondern auf die
Entstehung der zumindest bedingten Provisionsansprüche innerhalb des
letzten Vertragsjahres an. Deshalb sind Überhangprovisionen insoweit
bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen, als
sie zunächst in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Der
Provisionsverlust ist daraufhin unter Berücksichtigung der jährlich
anzunehmenden Abwanderungsquote für den prognostizierten Zeitraum zu
berechnen. Nach Abschluss der Berechnung ist jedoch der Betrag, der
anfänglich bei der Berechnungsgrundlage als Überhangprovision
eingestellt wurde, wieder abzuziehen, weil er an den Handelsvertreter
ausbezahlt wird (Nocker aaO Rz 369, 477; Sellhorst, Überhangprovision
bei der Berechnung des Ausgleichsanspruches des Handelsvertreters, BB
1997, 2019). Eine derartige Berücksichtigung der Überhangprovision
des letzten Geschäftsjahres hat allerdings zur Konsequenz, dass
Provisionen für Umsätze aus Lieferungen, die auf Geschäftsabschlüsse
des vorletzten Geschäftsjahres zurückzuführen sind, vorweg von
den im
letzten Geschäftsjahr erzielten Provisionen abzuziehen sind, weil sie
ansonsten die Bemessungsgrundlage zugunsten des Handelsvertreters
verfälschen würden. Ob derartige Ansätze in dem vom Erstgericht
festgestellten oder in dem von der Beklagten in ihrer Berufung
zugestandenen Gesamtumsatz des Jahres 1999 enthalten sind, blieb
bisher ungeprüft. Bei der vorläufig aufgrund der
Berufungsausführungen der Beklagten vorzunehmenden Berechnung kann
nur der von ihr zugestandene Betrag von 5,727.287,27 S plus 1,800.000
S zugrunde gelegt werden.
3. Zur zu erwartenden Abwanderungsquote:
Entgegen der bis dahin in der deutschen Rechtsprechung und Lehre
vertretenen Auffassung, dass auch die nach Beendigung des Vertrages
bis zur Entscheidung (Schluss der Verhandlung) erster Instanz
eingetretene tatsächliche Entwicklung der Geschäftsbeziehung zu
berücksichtigen sei, hat der deutsche Bundesgerichtshof in einem in
NJW 1998, 71 und BB 1997, 2607 veröffentlichten Urteil vom 6. 8. 1997
überzeugend dargelegt, dass die Prognose auf den Zeitpunkt der
Beendigung des Handelsvertretervertrages abzustellen ist: Die
tatsächliche Entwicklung der Verhältnisse während des
Prognosezeitraumes könne in diesem Zusammenhang nur insoweit
berücksichtigt werden, als sie im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung
bereits abzusehen gewesen sei. Denn der Ausgleichsanspruch entstehe
und werde fällig mit der Beendigung des
Handelsvertreterverhältnisses. Grundlage seiner Berechnung könne
somit nur eine zu diesem Zeitpunkt zu stellende Prognose sein, die
sich als richtig oder unrichtig erweisen, aber nicht durch später
eintretende Umstände ändern könne. Von unvorhergesehenen
tatsächlichen Entwicklungen könne die Höhe des bereits entstandenen
Anspruchs dagegen nicht mehr beeinflusst werden. Andernfalls müsste
auch die eine oder die andere Partei Rückzahlungs- bzw
Nachzahlungsansprüche geltend machen können, falls sich die Prognose
nachträglich als unzutreffend erweise. Diese Konsequenz werde indes
allgemein abgelehnt. Folgend dieser überzeugenden Auffassung (der
sich in Österreich auch Nocker aaO [2001] Rz 337 angeschlossen hat)
sind daher ergänzende Feststellungen über die tatsächliche
Entwicklung der Umsätze der Beklagten in der Zeit nach Beendigung der
Geschäftsbeziehung mit dem Kläger entbehrlich. Insoweit ist die
Vorgangsweise des Erstgerichtes zu billigen, das im konkreten Fall
aus der Kunden- und Umsatzentwicklung während der Geschäftstätigkeit
des Klägers auf eine zu erwartende 15 %ige Abwanderungsquote
geschlossen hat. Warum diese Prognose wesentlich verfehlt sein
sollte, konnten weder die Beklagte noch der Kläger darlegen. Die
Beklagte legt vielmehr in der in ihrer Berufung angestellten
Berechnung des Rohausgleiches selbst eine 15 %ige Abwanderungsquote
(einschließlich einer in diesem Verfahren unstrittig gebliebenen
Abzinsung von 5 %) jährlich zugrunde.
Ausgehend von einem ebenfalls von der Beklagten in Übereinstimmung
mit dem Erstgericht angenommenen Beobachtungszeitraum von vier Jahren
ergibt sich daher folgende vorläufige Berechnung:
Provision des Basisjahres 1999: 376.364,36 S
erstes Jahr: 376.364,36 S - 15 % : 1,05 = 304.675,91 S
zweites Jahr: 304.675,91 S - 15 % : 1,05 : 1,05 = 234.897,52 S
drittes Jahr: 234.897,52 S - 15 % : 1,05 : 1,05 : 1,05 = 172.476,31 S
viertes Jahr: 172.476,32 S - 15 % : 1,05 : 1,05 : 1,05 : 1,05 =
120.612,19 S.
Dies ergibt für einen vierjährigen Beobachtungszeitraum eine Summe
von 832.661,93 S (jeweils netto, also ohne Umsatzsteuer), das sind
60.511,90 EUR.
Beide Vorinstanzen haben übereinstimmend einen Abschlag von 11 % aus
Billigkeitserwägungen im Sinn des § 24 Abs 1 Z 3 HVertrG 1993 für
angemessen erachtet und hiefür den Bekanntheitsgrad der Marke und die
(geringfügige) Kostenersparnis des Klägers angeführt. Dass sich
insbesondere die "Sogwirkung einer Marke" (vgl zum Begriff Nocker,
Ausgleichsanspruch [2001] Rz 293) als anspruchsmindernder Faktor
auswirken kann, ist in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkannt
(4 Ob 54/02y mwN; Naderhirn, Ausgleichsanspruch des
Tankstellenverwalters, RdW 2003, 102 [104]). Wie hoch der
diesbezügliche Abschlag anzusetzen ist, bleibt letztlich dem
richterlichen Ermessen überlassen. Eine zu beanstandende
Überschreitung des Ermessensspielraumes durch die Vorinstanzen ist
hier nicht zu erblicken. Mit dem Autohandel, bei dem sich die
"Sogwirkung der Marke" besonders auswirkt, ist der Handel mit
elektronischen Unterhaltungsgeräten nicht ohne weiteres zu
vergleichen. Die Ausführungen der Beklagten in ihrer Berufung, ein
höherer Abzug sei auch deshalb gerechtfertigt, weil die
Umsatzsteigerungen während der Geschäftstätigkeit des Klägers
überwiegend darauf zurückzuführen seien, dass Kunden im Jahr
1995
wegen der Insolvenz des Großhändlers brach gelegen seien, betreffen
die Frage der vom Kläger zugeführten Neukunden und intensivierten
Altkunden, nicht aber die nach Berechnung des Rohausgleichs
anzustellenden Billigkeitserwägungen.
Nach Abzug eines Billigkeitsabschlages von 11 % verbleibt ein Betrag
von 741.069,12 S = (gerundet) 53.856 EUR, der dem Kläger jedenfalls
als Ausgleichsanspruch zusteht und schon aufgrund der insoweit
unstrittigen Sachverhaltsgrundlage samt den ebenfalls unstrittigen
Verzugszinsen zuzuerkennen ist. Die in § 24 Abs 4 HVertrG 1993
festgelegte Höchstgrenze für den Ausgleichsanspruch, die mit
1,762.100,60 S (128.056,84 EUR) außer Streit steht, wird damit
jedenfalls nicht überschritten.
Insoweit ist daher in teilweiser Stattgebung des Rekurses die Fällung
eines Teilurteiles möglich (§ 519 Abs 2 letzter Satz ZPO iVm §
391
Abs 1 ZPO).
Das darüber hinausgehende strittige Klagebegehren ist jedoch entgegen
der Ansicht des Klägers mangels ausreichender Sachverhaltsgrundlage
noch nicht spruchreif. Seine Ausführungen im Rekurs, die Beklagte
habe bereits im Verfahren erster Instanz Neukundenprovisionen von
239.964,40 S und Provisionen betreffend intensivierte Altkunden von
478.062,15 S je zuzüglich 20% Umsatzsteuer zugestanden, sind
unrichtig. Vielmehr wollte die Beklagte nur zum Ausdruck bringen,
dass selbst bei Richtigkeit der vom Kläger angeführten Kunden und
Umsatzzahlen höchstens diese Beträge zugrundezulegen seien. Die
Beklagte hat aber das Begehren im Verfahren erster Instanz der Höhe
nach zur Gänze bestritten und zu den vom Kläger errechneten Zahlen
erklärt, diese seien insgesamt nicht nachvollziehbar.
Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass die
Feststellungen des Erstgerichtes hinsichtlich der vom Kläger
zugeführten Neukunden und intensivierten Altkunden und zur Frage,
welche Kunden als Stammkunden zu werten sind, unvollständig und
teilweise widersprüchlich sind, sodass sich wesentliche
Bemessungsgrundlagen für die abschließende Rohausgleichsberechnung
nicht mit hinreichender Deutlichkeit ableiten lassen.
Maßgebend ist die Umsatzentwicklung jedes einzelnen Kunden, der für
die Berechnung des Ausgleichs in Frage kommt und nicht bloß die Zahl
dieser Kunden und die Umsatzsteigerungen insgesamt. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass Neukunden jedenfalls diejenigen Kunden sind,
mit denen der Unternehmer zu Beginn des Handelsvertreterverhältnisses
noch nicht in Geschäftsbeziehung gestanden ist. Auch Unternehmer, die
ein bereits bestehendes Unternehmen von einem Rechtsvorgänger
übernommen haben, sind daher als Neukunden zu qualifizieren, nicht
aber Kunden, die weitere Filialen eröffnet haben (bei ihnen kommt
aber eine wesentliche Erweiterung der Geschäftsbeziehungen in
Betracht). Zu den neuen Kunden zählen zudem auch solche, deren
frühere Geschäftsverbindung mit dem Unternehmer zum Erliegen gekommen
ist. Dafür genügt es aber noch nicht, dass ein früherer Kunde
lediglich längere Zeit keine Bestellung aufgegeben hat, etwa wegen
der für den Geschäftsgang typischen längeren Bestellintervalle.
Entscheidend ist, ob die Geschäftsverbindung abgebrochen worden und
aufgrund der Initiative des Handelsvertreters oder zumindest durch
sein Mitwirken wieder aufgenommen wurde (Nocker, Ausgleichsanspruch
[2001], Rz 280, 281 mwN). Im vorliegenden Fall räumt die Beklagte
selbst ein, dass der Umsatz mit Kleinkunden von 18 Mio S im Jahr 1994
auf 13 Mio S im Jahr 1995, und zwar wegen der Insolvenz des
Großhändlers, gesunken ist. Dies spricht dafür, dass sich im
Jahr
1995 tatsächlich Kunden von der Beklagten abgewendet haben und erst
aufgrund des Geschicks des Klägers wieder gewonnen werden konnten. Im
Allgemeinen wird aber ein Beobachtungszeitraum von bloß einem Jahr
für die Beurteilung des Neukundenerwerbes nicht ausreichen.
Für eine ausgleichspflichtige Neukundenwerbung genügt es auch nicht,
dass der Handelsvertreter dem Unternehmer neue Kunden zugeführt hat.
Aus der Anspruchsvoraussetzung, dass dem Unternehmer auch nach der
Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses erhebliche Vorteile
erwachsen müssen, folgt, dass mit den neu zugeführten Kunden eine
Geschäftsverbindung entstanden sein muss, wobei Geschäftsverbindung
die Aussicht auf weitere Geschäftsabschlüsse innerhalb eines
überschaubaren Zeitraumes bedeutet (Nocker, aaO Rz 311). Die
"Stammkundschaft" ist von der übrigen "unzuverlässigen,
nicht zu
erfassenden Kundschaft" abzugrenzen. Stammkunden sind Mehrfachkunden,
das heißt diejenigen Kunden, die in einem überschaubaren Zeitraum,
in
dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur
einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder -
bei Wirtschaftsgütern mit einem längeren Bestellintervall - auch
Einmalkunden, von denen unter den gegebenen Umständen innerhalb eines
überschaubaren Zeitraumes nach Vertragsende Wiederholungskäufe zu
erwarten sind (Naderhirn aaO mwN; BGH in NJW 1998, 71 [73]). Da die
mit dem Unternehmer nach Auflösung des Vertragsverhältnisses
verbleibenden Vorteile erheblich sein müssen, muss das mit den neuen
Stammkunden und ebenso das mit den intensivierten Altkunden zu
erwartende Geschäft einen gewissen Umfang und eine gewisse
Beständigkeit aufweisen. Diese Voraussetzung hat das Erstgericht bei
einigen Kunden, die der Kläger teils als Neukunden, teils als
intensivierte Altkunden berücksichtigt haben wollte, offenbar als
nicht gegeben erachtet. Aufgrund der unpräzisen Feststellungen lässt
sich jedoch nicht überprüfen, bei welchen Kunden mit welchen Umsätzen
keine Stammkundeneigenschaft im aufgezeigten Sinn vorliegt. Ist
allerdings die Stammkundeneigenschaft zu bejahen, ist - entgegen der
Ansicht des Erstgerichtes - auch bereits eine Umsatzsteigerung von
etwa 100 % im letzten Geschäftsjahr zu berücksichtigen. Die
Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen trifft grundsätzlich den
Handelsvertreter (6 Ob 260/00d), der daher auch die entsprechende
Intensivierung der Altkunden nachzuweisen hat.
Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass bei den intensivierten
Altkunden nur die Differenz zwischen den im letzten Geschäftsjahr
getätigten Umsätzen und den im Jahr vor der Betrauung des
Handelsvertreters getätigten Umsätzen für die Berechnung des
Rohausgleiches ausschlaggebend ist, findet weder in der Lehre noch in
der Rechtsprechung eine Grundlage. Vielmehr ist als Berechnungsbasis
der gesamte Umsatz des Handelsvertreters des letzten Jahres, der auf
die Neukunden und die intensivierten Altkunden insgesamt entfällt,
heranzuziehen. Wesentliches Element bei der Billigkeitsentscheidung
nach § 24 Abs 1 Z 3 HVertrG 1993 sind "die dem Handelsvertreter aus
Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen",
somit die gesamten auf Neukunden und intensivierte Altkunden
entfallende Provisionen. Die Wendung in § 24 Abs 1 HVertrG 1993, dass
der Ausgleichsanspruch dem Handelsvertreter gebührt, "wenn und
soweit" die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllt
sind, bedeutet nichts anderes, als das diese Voraussetzungen
einerseits überhaupt Anspruchsvoraussetzungen sind und andererseits,
dass der Ausgleichsanspruch, falls er entstanden ist, nur soweit
gebührt, als er in den Ziffern 1 bis 3 Deckung findet (Viehböck aaO
225; Naderhirn, Probleme im Zusammenhang mit der Höchstgrenze des
Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters, RdW 2002, 217, Punkt 4.1).
Eine Einschränkung dahin, dass es bei intensivierten Altkunden bloß
auf die Umsatz- oder Provisionsdifferenz ankomme, kann der Bestimmung
nicht unterstellt werden.
Nicht zu teilen ist auch die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass
bei der Frage der wesentlichen Umsatzsteigerung bei Altkunden eine
starre Grenze von 100 % zu beachten sei. Nach einhelliger Ansicht ist
die Umsatzverdoppelung lediglich ein Richtwert, wobei geringfügige
Unterschreitungen keine Rolle spielen. Je nach Sachverhalt wird sogar
auch eine wesentlich geringere Umsatzausweitung als ausreichend
angesehen (Tschuk aaO 37; Nocker, Ausgleichsanspruch [2001] Rz 313).
Wo im Einzelfall tatsächlich die Grenze zu ziehen ist, braucht hier
nicht näher untersucht zu werden, weil der Kläger ohnehin nur
Altkunden, bei denen in etwa eine Verdoppelung des Umsatzes oder eine
noch größere Umsatzsteigerung eintrat, in die Berechnung des
Ausgleichsanspruches einbezogen haben will. Auf die rechnerisch
exakte Ausmittlung kommt es jedenfalls im Gegensatz zur Ansicht des
Berufungsgerichtes nicht an; geringfügige Aufrundungen sind
jedenfalls zulässig.
Abzulehnen ist weiters die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass
die Fortrechnung des Provisionsverlustes solange zu erfolgen habe,
bis sich der Kundenstock zur Gänze aufgelöst habe. Dem steht
einerseits entgegen, dass nach einhelliger Ansicht der Zeitraum, über
den die Abwanderungsquote zu ermitteln ist, überschaubar sein muss
(Viehböck aaO 225). Insbesondere der Ansatz geringer
Abwanderungsquoten würde aber zur unabsehbar langen
Prognosezeiträumen und zu unrealistisch hohen Provisionsentgängen
führen. Andererseits steht der diesbezüglichen Ansicht des
Berufungsgerichtes das Erfordernis entgegen, dass die Vorteile des
Unternehmens aus der Geschäftsbeziehung mit dem Handelsvertreter auch
noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erheblich sein müssen.
Da diese Vorteile aber immer geringer werden, je länger die
Vertragsauflösung zurückliegt, wird die Erheblichkeitsgrenze
jedenfalls schon vor dem Zeitpunkt erreicht, zu dem die
Abwanderungsquote 100 % beträgt. Die Annahme eines Prognosezeitraumes
von vier Jahren durch das Erstgericht entspricht sowohl den
Berechnungen der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren als auch der
herrschenden Ansicht, dass - je nach Sachlage - ein Prognosezeitraum
von zwei bis fünf Jahren angemessen sei (Nocker, Ausgleichsanspruch
[2001] Rz 339).
Beide Parteien berechneten den Rohumsatz in der Weise, dass die
Abwanderungsquote nicht für jedes Folgejahr summiert, sondern jeweils
vom vorangehenden Jahr berechnet wurde. Beide Berechnungsmethoden
werden als sachgerecht angesehen (vgl einerseits Tschuk aaO 66 mwN,
andererseits BGH in NJW 1998, 71 [75]). Im Hinblick darauf, dass die
Parteien gegen diese vom Erstgericht vorgenommene Berechnung nichts
einzuwenden hatten, wird sie auch im fortgesetzten Verfahren
beizubehalten sein.
Unrichtig ist die Berechnungsart des Erstgerichtes aber insoweit, als
es die Abwanderungsquote erst ab dem zweiten Folgejahr berücksichtigt
und auch die Abzinsung erst ab diesem Zeitpunkt vornimmt.
Wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat, hat das Erstgericht
auch nicht beachtet, dass von Bruttoprovisionsbeträgen auszugehen
ist, wenn die Provisionszahlung brutto (also zuzüglich Umsatzsteuer)
vereinbart wurde (Tschuk aaO 99 FN 356). Dies wird auch in der
Berufungsbeantwortung des Klägers gerügt. Da für das als
Berechnungsbasis heranzuziehende letzte Geschäftsjahr aber nicht
feststeht, ob die Provision für dieses Jahr zuzüglich Umsatzsteuer
oder ohne Umsatzsteuer bezahlt wurde, konnte bei Fällung des
Teilurteils nur die Nettoprovision zugrunde gelegt werden. Auch
insoweit kann sich im fortgesetzten Verfahren noch eine Erhöhung des
Ausgleichsbetrages ergeben.
Zusammenfassend wird daher im fortgesetzten Verfahren zu beachten
sein:
Die Feststellungen über neue Stammkunden und intensivierte Altkunden
sind im Sinne obiger Ausführungen zu präzisieren. Zu Letzteren zählen
unter der Voraussetzung einer gewissen Beständigkeit schon jene
Kunden, bei denen gegenüber einer Beobachtungszeit vor Aufnahme der
Tätigkeit des Klägers im Jahr 1999 ein etwa doppelt so hoher Umsatz
erzielt wurde. Eine mathematisch exakte starre Grenze von 100 % ist
abzulehnen.
Für das als Bemessungsgrundlage heranzuziehende Jahr 1999 sind
einerseits die Überhangprovisionen betreffend neue Stammkunden und
intensivierte Altkunden einzubeziehen, andererseits die
Überhangprovisionen aus 1998 auszuscheiden.
Die maßgebenden Provisionen für 1999 sind, wenn sich ergeben sollte,
dass sie brutto bezahlt wurden, mit einem Bruttobetrag (inklusive
Umsatzsteuer) zu ermitteln.
Die im ersten Rechtsgang herangezogene Abwanderungsprognose von 15 %
(jeweils vom vorangehenden Jahr) ist beizubehalten, ebenso die
Abzinsung von 5 % pro Jahr. Ein Prognosezeitraum von vier Jahren ist
angemessen. Allerdings ist bereits für das erste Jahr nach Beendigung
des Vertragsverhältnisses eine Kürzung durch die Abwanderungsquote
und die Abzinsung vorzunehmen.
Von dem sich auf diese Weise errechneten Rohausgleich ist die im Jahr
2000 ausbezahlte Überhangprovision abzuziehen.
Der im ersten Rechtsgang aus Billigkeitsgründen vorgenommene Abzug
von ca 11 % ist in diesem Einzelfall angemessen.
Der Vorbehalt der Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.